Kommentar: Warum es im Post-Covid-Büro nicht um das Büro geht

Autor: Thomas Fundneider

Eine Frage, die mir in letzter Zeit immer öfter in Kundengesprächen gestellt wird, ist, wie man seine Mitarbeiter:innen wieder ins Büro locken kann. Wie können wir sie motivieren? Was können wir dem Arbeitsplatz hinzufügen? Ich denke, diese Frage ist in ihrem Kern schon falsch. Warum sollten wir die Mitarbeiter:innen überhaupt motivieren müssen, ins Büro zu kommen? 

Dazu kommt, dass Unternehmen inzwischen erkannt haben, dass dies nicht ihr größtes Problem ist. Sie haben herausgefunden, dass Mitarbeiter:innen nicht nur ihre Freiheit des Home-Office nicht aufgeben wollen, sondern viele auch generell nicht mehr für ihre:n derzeitigen Arbeitgeber:in arbeiten möchten.

Ich sehe dies als einen positiven Aspekt der Pandemie. Dank der Pandemie waren die Mitarbeiter:innen gezwungen, sich außerhalb ihres Arbeitsumfeldes zurückzuziehen und eine Auszeit zu nehmen, um darüber nachzudenken, was ihnen im Leben wichtig ist. 

Hoffentlich folgen diesem Beispiel nun auch Unternehmen und nehmen sich aktiv Zeit, gemeinsam über das Warum und Was nachzudenken, und nicht nur über das übliche Wie.

Die Menschen haben ein Gefühl der Autonomie gespürt, das sie schon lange nicht mehr erlebt haben.

Warum also will eine beträchtliche Anzahl von Arbeitnehmer:innen nicht an ihren Arbeitsplatz zurückkehren? Viele hatten die Gelegenheit zu überdenken, was sie mit ihrem Leben anfangen wollen. Sie fühlen sich nicht mehr mit dem Zweck ihres Unternehmens (wenn es überhaupt einen gibt) und seinen gelebten Werten verbunden. Sie möchten auch nicht mehr mit toxischen Kolleg:innen oder überforderten Führungskräften zu tun haben – ein Problem, mit dem Unternehmen oft noch immer nicht gelernt haben, umzugehen (oder es nicht wollen).

Warum waren es gerade die Pandemie und die damit verbundenen Einschränkungen, die diesen Wandel ausgelöst haben? Vermutlich, weil die Freiheiten, die mit dem Home-Office einhergingen, einem menschlichen Grundbedürfnis entsprachen. Viele haben auf einmal ein Gefühl der Autonomie gespürt, das sie schon lange nicht mehr erlebt haben. Außerdem haben sich Mitarbeiter:innen während der Pandemie als äußerst produktiv erwiesen und dadurch außergewöhnliche Ergebnisse erzielt. Ich würde Folgendes vorschlagen:

Einige Manager:innen, von denen viele vor der Pandemie sagten, dass diese Art des Arbeitens nicht möglich sei, plädieren nun für eine Rückkehr zur alten Normalität. Doch ihre Mitarbeiter:innen sind nicht bereit, die neu gewonnene Freiheit aufzugeben. Was sollten Unternehmen also tun? 

  • Kontakte ermöglichen. Menschen fühlen sich wohl, wenn sie in Resonanz mit anderen Menschen, Themen und den Werten und Zielen ihres Unternehmens kommen. Sie spüren es, wenn sie gegenseitige Beziehungen entwickeln und gemeinsam mit anderen etwas schaffen. Normalerweise konzentrieren wir uns auf die Verbindungen zwischen Menschen. Das ist jedoch nicht genug. Organisationsräume sind großartige Orte, um Menschen zusammenzubringen, gemeinsam an inspirierenden Themen zu arbeiten und die Punkte zu verbinden, die unsere Zukunft gestalten.
  • Wir leisten echte Innovationsarbeit. Kein Innovationstheater, kein schrittweises Produzieren von immer mehr vom Gleichen, sondern das Schaffen neuer Dienstleistungen, Geschäftsmodelle und Produkte mit einem erstrebenswerten Zweck im Kern. Dies erfordert auch Führungskräfte, die ihre Teams unterstützen, wenn sie sich mit Unbekanntem und Unklarheiten auseinandersetzen. Es bedeutet auch, dass man ehrlich über den Wert von Innovationen sprechen muss, wenn dieser das/die aktuelle(n) Geschäftsmodell(e) gefährden könnte.
  • Raum und Mittel bereitstellen, damit die Mitarbeiter:innen sich selbst entwickeln können. Da Menschen in der Regel nicht mit klassischer Weiterbildung beschäftigt sind, sollten wir ihnen die Möglichkeit geben, sich selbst zu verwirklichen, und sie dabei unterstützen. Wenn sie spüren, dass sie persönlich wachsen, entwickeln sie auch ihre Beziehung zu ihrem Unternehmen, welches letztlich davon profitiert.

Zusammenfassend möchte ich sagen, dass schön gestaltete Büros nicht ausreichen. Ich bin davon überzeugt, dass Unternehmen eine echte Verantwortung für die Entwicklung und das Wohlergehen ihrer Mitarbeiter:innen übernehmen müssen. Der Begriff „Verantwortung“ steht unter anderem dafür, Antworten zu geben. Doch um gute Antworten geben zu können, müssen wir auch die richtigen Fragen stellen. Und das wiederum bedeutet, dass Führungskräfte lernen müssen, wie sie Veränderungen durch Menschen und nicht für Menschen herbeiführen können.

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